ab 12.1.2021
Wie viele Unwägbarkeiten habe ich erlebt, von den Straßen – vom Auto – von der Gesundheit - von den fremden Menschen, ungeschützt neben dem Auto geschlafen (einmal beleckte mich gegen Morgen eine Kuh im Gesicht) ich habe alles gut und gesund überlebt.
Ein Abhang ist mir noch in Erinnerung. Ich parkte oben am Rande etwa einen Meter vor dem Abbruchkante. Beim Anfahren hat es mir das Steuer aus der Hand gerissen – es lag ein Stein unter dem rechten Vorderrad- das Reaktion-schnelle Bremsen hat mich gerettet.
Ich schreibe diesen Bericht ja - erst ab dem 12.1.2021. Die Diabilder und die Tonbänder haben sich alle „Original“ erhalten. Die wichtigste Informationsquelle ist der Bilderaufschrieb. Die Tonbandsprache ist für viele Erläuterungen und Stimmungen wichtig.
Tonbandinfo: 17.08.1967 nach Bild 282
Heute früh habe ich schon einen Pass mit 2475 m Höhe überquert. Das Tal ist sehr fruchtbar -aber das Korn ist nur 40 cm hoch. Vieh und Schafzucht dominieren. Das einzig negative ist der Zustand der Straße- Schlaglöcher dominieren. Ich hatte das Radio eingeschaltet, damit ich den Krach nicht hörte den die Schlaglöcher verursachen.
Die Bergkette links und rechts der Pass-Straße ragt etwa 800 m hoch.
Dann kam ich an die „typisch“ Türkische Grenze. Hier braucht man nur eines: „Zeit“. Es ging ganz gemütlich zu - ich musste fast eine Stunde warten, bis ich drankam. An der Persischen Grenze ging es dann schneller. Dabei wurde ich gefragt, ob ich mein Studium in Deutschland beendet habe – ich sah damals aus wie ein Perser. Ich kleidete mich dann ortsüblich und konnte mich dadurch frei bewegen. Ich besuchte dann auch eine Mosche. Am Eingang musste ich auch meine Sandalen abgeben. Der Wärter fragte dann etwas – als Antwort murmelte ich etwas zusammen, dann war er zufrieden.
Das Schlafen war immer ein Problem. Im Auto war es meist zu warm. Vor oder neben dem Auto bekam ich nachts Besuch – eine Kuh beschnupperte mich einmal.
Tonbandinfo:26.8.1967 nach Bild 388 Eigenportrait mit Viertagebart.
Mit meiner dunklen Hautfarbe wurde ich überall als Einheimischer gewertet,
deshalb konnte ich in jede Moschee rein und raus marschieren ohne Beanstandung. Ich sprach in solchen Annäherungen nicht- sondern murmelte etwas vor mich hin. Das einzige Handicap war der deutsche PKW. Diesen parkte ich aber immer weit weg von den Moscheen. Wenn das Auto geklaut worden wäre -hätte ich nur noch das was ich anhatte und den Reisepass gehabt sonst nichts.
Im Nachhinein kann man sagen: Glück.
Tonbandabschrieb: nach Bild 456
30. August 1967 es ist jetzt 6 Uhr 40
Ich bin eben gestartet. Heute früh bin ich um 5 Uhr 30 aufgestanden.
Dann habe ich eine Auto- Stunde eingelegt. Wasser nachgefüllt, Batterie kontrolliert, Kofferraum aufgeräumt.
Gestern Abend habe ich festgestellt, dass jeder Tag seine Besonderheiten hat und jeder Tag etwas Schönes bringt. Gestern bin ich 530 Kilometer gefahren auf ganz schlechter Straße. Gebirgig und kurvenreich so, dass ich nur maximal 50 km pro Stunde fahren konnte. (eine ungeheure Leistung bei ungeteerter Straße)
Ich ging dann von der Straße ab und fuhr die Piste - die besser war als die Straße.
Nachdem ich zwei Flüsse ohne Brücke überquerte (bei Hochwasser gibt es kein Weiterkommen) habe ich die Gelegenheit wahrgenommen und habe gebadet.
Tonbandabschrieb: 31.08.1967 nach Bild 462
Der heutige Tag gehört zur Strecke mit den größten Problemen.
Das Auto gab den Geist auf. Es ging um die Frage: Warum?
Gott sei Dank, dass das Problem nicht gestern in den Bergen passierte-
es hätte keine Hilfe gegeben.
Auf der belebten Autostraße konnte ich in die nächste Stadt (Werkstatt) geschleppt werden. Das Neuteil für den Unterbrecherkontakt kostete nur 80 Rial (4 DM). Als ich es eingebaut hatte lief der Wagen wieder einwandfrei.
Ich konnte heute 527 km fahren. Im Wagen herrschte eine Temperatur von gemessenen 58 Grad Celsius. Draußen betrug die Temperatur 44 Grad. Ich trinke jeden Tag minimal 4 Liter. Die Gegend ist bergig und unfruchtbar.
Am 31. 8. 1967 hatte ich ein Geräusch im Motorraum wahrgenommen.
Bei der Untersuchung stellte ich fest, dass bei zwei Schrauben am Motor die Muttern verloren waren. Ich hatte in meiner „Werkstatt“ alle Teile mit- also konnte ich diese ersetzen. Ich konnte auch die abgebrochene Schraube an der Lichtmaschine wechseln.
Meinen täglichen Mittagsschlaf den ich seit der Gewerbeschule pflege habe ich immer wahrgenommen. Danach konnte ich wieder konzentriert weiterfahren.
Aufzeichnung nach Bild 513 auf Tonband persönlicher Bericht 2.9.1967:
Mittags habe ich in einem Restaurant gegessen. Eiskaltes Wasser gab es zu trinken. Es war angenehm – aber gesund war es nicht. Dann habe ich eine Stunde geschlafen, das tat mir sehr gut. Wenn ich morgens so früh starte, tut es gut mich mittags zu erholen, dann kann ich wieder entspannt weiterfahren.
Ich kam dann an die Kreuzung nach Khoramshahr und bog nach rechts ab.
Dann kam die große Überraschung – ich habe die Reisegefährten aus Ansbach-
die ich schon in Teheran und Esfahan gesprochen hatte wieder getroffen. Wir haben dann gemeinsam auf einem Zeltplatz übernachtet.
Heute fahre ich wieder durch eine gebirgige Landschaft, alle 40-50 km kommen einzelne Häuser oder Raststätten für die Lastwagenfahrer. Diesen Landstrich muss man gesehen haben, dass man Persien insgesamt beurteilen kann. Hier hört es auf eine Spazierfahrt zu sein – es ist eine außergewöhnliche Belastung.
Diese Belastungen sind keine Urlaubsfreuden mehr. Die Lösung ist vier bis fünf Liter trinken. Die Fahrt 1965 nach Ägypten war dagegen eine Spazierfahrt.
Fahrbericht 5.9.1967 statt 80 km musste ich über 1500 km Umweg fahren. Bild 569
Von Mosul aus fuhr ich wohlgemut die 100 km an die Syrische Grenze. Ich wollte auf dem kürzesten Wege nach Hause fahren.
Die Straße durch Syrien war nur 80 km lang. Das Personal an der Syrischen Grenze ließ mich nicht weiterfahren. Mein Auto hätte ich auf einen Eisenbahnzug verladen können aber meine Person durfte nicht mitfahren.
Ich musste zurück nach Mosul – Arbil – Kirkuk – Bagdad (Neues Visum für Iran) – Baquba – Kermanshar – Saqez – Täbris – Khoy - Erzurum (Türkei)
Das war das größte Handicap der Reise. Dieser Umweg brachte mich in Zeitnot. Da es um die Syrische Landesgrenze keine Straße gab musste ich mindestens bis Kirkuk rückwärtsfahren. Ich stellte dann fest, dass ich nur über den Iran in die Türkei komme. Also benötigte ich für den Iran ein neues Visum.
Das Visum wiederum gab es nur in Bagdad. So kam Kilometer für Kilometer dazu. Am Schluss hatte ich 1500 Kilometer mehr gefahren als geplant.
Inzwischen stellte ich fest, dass ich zwei M8 Muttern an der Motoraufhängung verloren hatte. In der ganzen Werkstatt, die ich aufgesucht hatte, fand man keine M8 Mutter. Nun suchte ich in meinem Werkzeugkoffer und fand tatsächlich zwei M8 Muttern, die dann sofort montiert wurden. Über einem Erdloch befestigte ich später meinen losen Auspuff.
Nun hatte ich es eilig. In 20 Tagen bin ich über 6000 km gefahren. Persönlich war alles in Ordnung - es ging mir gut - das war mein größtes Glück.
Persönliche Notizen: Fahrbericht 7.9.1967 nach Bild 580
Alles wegwerfen, um Ruhe zu haben - diese Aussage machte ich heute. An diesem Punkt entscheidet sich dann, wie stark man selbst ist. Ich versuchte das Steuer des Lebens wieder fest in meine Hand zu nehmen. Ich habe dann gemerkt, dass es dann wieder aufwärts geht. Ich habe das Visa für Persien geschafft, die Autoreparatur geschafft. Die Angst überwältigt, ob der Wagen durchhält -alles in Übereinstimmung gebracht. Wenn man Alleine ist, muss man jede Entscheidung selbst treffen. Alle Höhen und Tiefen selbst durchleben. Es war nicht verkehrt Alleine zu fahren. Das einzig negative ist – man kann mit niemand das Glück teilen.
Das Risiko, dass mir etwas gesundheitlich zustößt ist natürlich groß – es gibt dann keine Hilfe. Aber – „Gott sei Dank“ es ist alles gut gegangen.
Die Belastung, die vielen Kilometer (heute 600 km) Alleine zu fahren ist doch sehr hoch. Dazu im Hinterkopf immer die Sorge, ob der Wagen durchhält. Meine Verpflegung musste auch sichergestellt sein. Heute gab es gekochte Nudeln, eine Fleischdose, Tomatensalat und Soße. Ein kleiner Trost - die Straße war wieder mal geteert.
Die Post an die Eltern und Helga wurde heute erledigt. Ein ruhiger Schlafplatz - bei einer Baufirma - war ein wichtiger Grund, um zur Ruhe zu kommen. Nachts bin ich wegen der Kälte aufgewacht. Die Temperatur lag bei Sechs Grad Celsius.
Tonbandaufschrieb 12.09.1967 nach Bild 631
Die Ausläufer des Taurus-Gebirge – wenn man Zeit hat - ist es eine sehr schöne Fahrstrecke. Der gestrige Tag war wieder ein Tag des Erlebens – mit wenig gefahrenen Kilometer. In Adana habe ich eine Pause gemacht.
Das Tor der Kleopatra besucht
Das alte Pompeiopolis
Dort fand ich eine Höhle vor, die so gewaltig war.
Ich dachte ich nehme meine Taschenlampe und gehe in die Höhle. Nach etwa 6 bis 700 Meter kam ich unten an der Höhle an. Der Höhenunterschied konnte etwa 200 Meter gewesen sein. In der Höhle herrschte eine Temperatur von etwa 8 - 10 Grad Celsius. Die Außentemperatur betrug etwa 35 bis 36 Grad Celsius. Da ich den Fotoapparat nicht mitnahm musste ich ein zweites Mal in die Höhle. Die Temperaturunterschiede musste der Körper ja - in kurzer Zeit verkraften.
Dieses Gesamterlebnis war einzigartig.
Die schönsten Augenblicke bot - bei der Fahrt durch das Taurusgebirge - immer wieder der Ausblick auf das Meer. Die Fahrt war keine Sekunde Langweilig.
Ich muss immer wieder staunen, wie großartig diese Welt ist.
Die Vielfalt der landwirtschaftlichen Erzeugnisse ist erstaunlich.
Tee- Mais – Orangen - Bananen – Weintrauben – Tomaten, Paprika – Zitronen und Reis - hier wächst alles. Die Landschaft prägt auch hier die Menschen, sie sind viel zufriedener als in den Städten.
Antalya hat einen sehr romantischen Hafen.
Tonbandaufschrieb nach Bild 670 am 14.09.1967
Morgens nach dem Aufstehen lag die Temperatur bei Einem Grad Celsius.
Im Wagen zu schlafen war schwierig – weil ich mich abends in den warmen Wagen
Unbedeckt hinlegte, der sich dann über Nacht abkühlte. Die Außentemperatur sank auf Ein Grad ab.
Reparaturen gab es immer wieder. Der Motor lief fast nicht mehr an. Ich konnte nur noch hohe Geschwindigkeit fahren. Bei niederer Geschwindigkeit klopfte der Motor und stotterte. Ich suchte eine Opelwerkstatt auf.
Mein zweifaches Glück.
Der Monteur war ein Jahr zur Ausbildung in einer deutschen Werkstatt in der damaligen DDR. Er sprach dadurch auch die Deutsche Sprache. Der Monteur hat dann den Unterbrecherkontakt weiter auseinandergestellt – dann lief der Motor sofort. Aber er (der Motor) klopfte ungeheuer.
Ich fuhr bis an die Grenze und merkte – die gleiche Krankheit ist wieder da. Bei meiner Untersuchung stellte ich fest, dass der Regler verdreckt ist. Ich reinigte alles, dann lief der Wagen wieder einwandfrei. Zum Glück konnte man die Autos noch selbst reparieren.
Zum Abendessen gab es eine Suppe, Brot und eine Gurke. Man kann dem Körper unendlich viel zumuten – wenig zu Essen – was bei mir sonst nicht ging. Auf dieser Reise ging es. Dann habe ich an der Grenze neun Dosen Fleisch gekauft, damit ich endlich wieder etwas Kräftiges hatte.
Ab 17 Uhr – wenn die Sonne untergeht - hat die Landschaft einen eigenartigen Reiz. Der Graswuchs gibt einem ein warmes Gefühl.